Wie schon Ivor Brown, ein bekannter britischer Journalist, sagte: «Schottischer Whisky bewahrt ein Geheimnis, den Zauber seines Heimatortes». Wir sprechen mit Ruedi Klauser, passionierter Whisky Kenner, Mitglied der Scotch Malt Whisky Society und Verwaltungsrat der Experfina AG.
Herr Klauser, Sie sind ein passionierter Whisky Liebhaber und deshalb Mitglied in der bekannten, aber exklusiven Runde der Scotch Malt Whisky Society. Verraten Sie uns einige Details zur Society?
Da muss ich etwas ausholen: Der am häufigsten konsumierte Whisky ist ein Blend, das bedeutet, eine Mischung verschiedener Whiskys. Die gehobenere Klasse sind Pure Malt Whisky, allerdings immer noch im Geschmack gleichbleibende Verschnitte. Single Malt Whisky als nächste Kategorie, stammen aus verschiedenen Fässern einer Destillerie. Single Cask Whiskys sind nochmals exklusiver, und stammen nur aus einem einzigen Fass und sind damit in der Menge begrenzt, meist bei ca. 200 bis gegen 500 Flaschen.
Wenn das Fass geöffnet wird, ist der Whisky je nach Alter ca. 50 – 65 Grad stark, er muss also mit Wasser verdünnt werden, um auf die handelsüblichen 40 – 45 Grad zu gelangen. Bei diesem Vorgang bildet sich oft eine Trübung durch Schwebeteilchen und Rückstände der Destillation, diese werden deshalb weggefiltert.
Und hier kommt nun die Scotch Malt Whisky Society ins Spiel: Sie kauft Fässer bei den Destillerien ein und füllt diese ohne Filterung und ohne Verdünnung, also in Fassstärke (cask strength) in Flaschen ab. Die Mitglieder der Society fokussieren sich jedoch nicht allein auf die Stärke, sondern geben jedem Dram (Glas) Wasser zu, bis zur idealen individuell gewünschten Trinkstärke. Dabei entsteht oft die angesprochene Trübung, allerdings ist der Geschmack sowohl in der Nase als auch im Gaumen unvergleichlich intensiver und vielfältiger.
Jede Flasche der Society ist äusserlich fast identisch und unterscheidet sich jeweils nur durch eine Nummer. Dies liegt u.a. daran, dass die Whiskys jeweils direkt und aus einzelnen Fässern abgefüllt werden und somit jeder Whisky aussergewöhnlich und nur begrenzt verfügbar ist. Können Sie eine bestimmte Nummer direkt empfehlen?
Da die Destillerien eine Konkurrenzierung zu ihren eigenen Produkten befürchteten, darf die Society nur an die eigenen Mitglieder verkaufen und muss die Flaschen mit Nummern versehen. 3.25 wäre also das 25. Fass für die Society der Destillerie 3, in diesem Fall von Bowmore.
Das Tasting Panel in Edinburgh verfasst übrigens zu jedem Fass ausführliche Beschreibungen, welche in ihrer Absurdität zum Teil legendär geworden sind. So finden sich dort auch Geschmacksbeschreibungen wie «Pfeifentabak in einer alten Holzschachtel» oder «der Geschmack von Bettflaschen».
Fragen Sie mich nun nach meinen Lieblingswhiskys, dann sind dies die getorften und stark getorften Whiskys von der Isle of Islay. Von dort stammen beispielsweise der Laphroaig, der Lagavulin oder der Caol Ila, Nr. 53 bei der Society.
Zurzeit sind Reisen leider wieder eingeschränkt. Doch eine Reise ins Land der Whiskys – nach Schottland ist wirklich empfehlenswert. Es gibt viele schöne kleine Destillerien zu besuchen in Kombination mit kleinen Rundreisen. Die Isle of Islay vor der Westküste Schottlands gehört zu diesen Juwelen.
Die Insel lohnt jedenfalls eine Reise, die zurzeit aktiven 9 Destillerien bieten Führungen an und verfügen mittlerweile über Besucherzentren mit Café und Shop. Das Altertümliche und Klassische ist somit ein bisschen dahin, die Idylle ergibt sich also mehr aus der Lage am Meer. Vergessen dürfen wir dabei auch nicht, dass es sich um Unternehmen handelt, die jährlich einen Umsatz von zwanzig oder mehr Millionen erwirtschaften. Der Konkurrenzdruck auf die Hersteller ist enorm, und ständig gilt es, sich gegenseitig mit neuen Kreationen zu überbieten. Beispielsweise den Whisky statt in einem Sherryfass in einem Weinfass von Gaja reifen zu lassen. Anspruchsvolle Whiskys sind, wie beispielsweise auch Uhren, ausgesprochene Marketingprodukte.
Auf der Isle of Islay kann ich eine Übernachtung in Port Charlotte oder Bowmore empfehlen. Dazu den Besuch der Nachbarinsel Isle of Jura, wo George Orwell den Roman «1984» verfasst hat. Der gleichnamige Whisky ist sehr populär. Auf dem Weg nach Islay ist die Insel Arran, genannt Schottland en miniature, ein ebenfalls sehr lohnendes Ziel mit gut ausgebauter touristischer Infrastruktur. Sie bietet auch eine Destillerie mit Führung und Shop. Weiter nördlich wäre dann noch die Isle of Skye zu empfehlen, landschaftlich sehr spektakulär und als Destillerie ist hier Talisker zu erwähnen.
Meine nächste Reise wird mich wieder einmal auf die Äusseren Hebriden führen und ich möchte die ganze Inselkette von Lewis und Harris bis South Uist bereisen. Neben der kargen Landschaft und wunderschönen Sandständen gibt es seit 2015 eine Destillerie, die vorläufig auch noch Gin produziert, bis der Whisky genug gereift ist. Sie sehen, Schottland ist definitiv eine Reise wert.
Noch wenige Wochen und dann haben wir Weihnachten. Können Sie uns eine Geschenkempfehlung für einen Whisky abgeben, den Sie besonders schätzen und auch gerne verschenken?
Ich verschenke gerne eher fruchtige und ausgewogene, leicht süssliche Whiskys, trinke jedoch selbst vor allem torfige. Die Society bietet dafür auch eine eigene Farbskala an, mich finden Sie dann bei dunkelgrün.
December 01, 2020